|
Nachts wirken die Sorgen am größten, an Schlaf ist nicht zu denken. Für viele Menschen ist der Griff zum Hörer in dieser Zeit der einzige Ausweg, um über die Gedanken und Gefühle zu sprechen, und das anonym. "Die Telefonseelsorge erreicht Menschen, die sonst keine Beratung und keinen Pfarrer aufsuchen", weiß Harald Mustermann, Nachfolger von Hans Mustersen als Vorsitzender des Vereins Telefonseelsorge Musterstadt. Für Dipl.Päd. Petra Musterfrau, hauptamtliche Leiterin der Telefonseelsorge, ist Mustermann genau der richtige Mann, um die Telefonseelsorge weiter auszubauen. Bis zu seinem Ruhestand vor fast zwei Jahren war Mustermann Geschäftsführer der Fa. Muster-Maschinen, heute Mustertis. Er bringt daher andere Kompetenzen und Denkweisen als Menschen mit, die wie sie bisher nur im sozialen Sektor gearbeitet haben, sagt Musterfrau. Mustermann (63) hat bereits vor etwa 20 Jahren ehrenamtlich als Telefonseelsorger gearbeitet und kennt die Aufgaben des Vereins. Als ihn Hans Hansen bei einer eher zufälligen Begegnung gefragt habe, ob er sein Nachfolger werden möchte, habe er spontan zugestimmt. Die TelefonSeelsorge sei aufgrund ihrer Anonymität eine wichtige Ergänzung zu anderen Beratungs-institutionen. Die Seelsorger sehen keine Nummer am Display und fragen nicht nach Namen. Umgekehrt steht auf dem Verbindungsnachweis auch nicht, dass man die Telefonseelsorge erreicht hat - sodass beispielsweise der Ehepartner oder Eltern den Anruf nicht bemerken können. Und weil der Anruf, der nicht länger als 50 Minuten dauern sollte, kostenfrei bleibt, erreiche man auch die Menschen, die sich keine Telefongespräche leisten können. Etwa 10.000 Menschen rufen pro Jahr an, die meisten von ihnen sind Jugendliche. Beziehungsprobleme und Einsamkeit sind die häufigsten Gründe, warum sich Menschen ihren Kummer von der Seele reden wollen. "Wir können keine Lösungen bieten, aber die Anrufer dazu ermutigen, nach Lösungsansätzen zu suchen", so Mustermann. Menschliche Zuwendung und ein Anstoß zu neuem Lebensmut werde gegeben. Wo es nötig ist, verweisen die Telefonseelsorger auf weitere, spezielle Beratungsangebote. Die Frustrationsgrenze müs-se bei den Mitarbeitern beson-ders hoch liegen, denn sie können nicht feststellen, ob ihre Beratung Erfolg hatte. "Der Grundsatz der Anonymität muss eingehalten werden", so Mustermann. Er möchte daher einen Schwerpunkt in der Ausbildung und Motivationsförderung der bislang mehr als 30 ehrenamtlichen aktiven Mitarbeiter legen. "Wir stehen als Verein an einem Wendepunkt. Der Verein ist in den vergange-nen 30 Jahren mit den sehr treu gebliebenen Leuten älter geworden". Die Telefonseelsorge benötige jedoch in den nächsten drei Jahren dringend doppelt so viele Mitarbeiter wie bisher. Chat-Seelsorge Ist das Telefon als Kommunikationsmittel nicht veraltet? Mit dieser Frage hat sich der Vorstand ebenfalls befasst. Petra Musterfrau schwebt vor, eine Chat-Seelsorge einzurichten, wie es sie in anderen Städten schon gibt. "Wir wollen unsere Ziele und Aktivitäten nicht am momentanen Zustand ausrichten", fasst Musterfrau zusammen. Denn der momentane Zustand sei finan-ziell betrachtet schlecht. Mustermann, der Mann aus der Wirtschaft, der bei Spendenübergaben auf der Geberseite stand, sieht sich nun in der Position, um Spenden zu bitten.
Die Musterstädter TelefonSeelsorge ist kostenfrei unter 0800/ 111 0111 oder 0800/111 0222 erreichbar. Anrufe per Handy werden automatisch an die nächste freie Telefonseelsorge in Deutschland vermittelt.
|
|